Die glücklichen Gewinnerinnen und Gewinner von Platz 1 bis 15 sind:
1. Blau
Das Meer
Wellen rauschen beruhigend
Spülen die Sorgen weg
Frei
Isolde Unsin
2. Regen, Regen
Winde jagen Öl und Nässe
durch die graue, alte Stadt.
Im Kirchturm, hinter trüber Blässe
sammeln sich die Krähen; matt.
Kinder springen in die Pfützen
und jubeln, wenn es spritzt.
Sie schleudern ihre woll´nen Mützen
sonst wohin, verschwitzt.
Schon tagelang der öder Regen.
Es schüttet immerzu.
Und ewig harsche Winde fegen
um Ecken, ohne Ruh´.
Gefangene im eig´nen Haus,
dem Untergang geweiht ...?
Die Schwachen sehen ängstlich aus.
Wie lange ist noch Zeit?
Da reißt der Himmel jäh entzwei
als wär´ nie was gewesen.
Dem Nebel ist das einerlei -
er kriecht umher
nass und schwer
abends noch,
wie ein träges, schwarzes Tier.
Die Kinder, die sind heim gerannt.
Der Nebel kommt nun mit Gewalt -
er packt die Stadt mit grober Hand.
Kein Piep. Kein Licht, sobald.
Ralph Bruse
3. Elfentränen
Hinter allen hohen Bergen,
unter Tannen dicht an dicht,
wo das Moos ein sattes Grün hat,
sich das Licht im Blattwerk bricht,
liegt ein Tümpel tief verborgen,
sagenschwer und rätselhaft,
trägt ein flüsterndes Geheimnis,
birgt im Wasser seine Kraft.
Denn es weinten tausend Elfen
Tränen so unendlich klar
um den großen Strom des Leben,
der heut Nacht gestorben war.
Um die Meere, die nicht atmen,
um die Flüsse taub und blind
um die einst so schönen Seen,
die nur noch vertrocknet sind.
Ihre Traurigkeit war endlos,
salzig füllte sich der Teich,
jede Träne ein Gedanke
an ein Tier im Wasserreich,
jede Träne eine Hoffnung,
dass dies Wasser nie versiegt
und das neu erwachte Leben
sanft auf seinen Wellen wiegt.
Karin Hufnagel
4. Am Fenster
Eine halb durchwachte Nacht
hat mein Herz zur Ruh´gebracht.
Draußen fiel es sanft in Flocken,
heimlich, wie um mich zu locken.
In der Stube flackert Licht
zittert schwach; doch stirbt es nicht -
hält sich, wärmt mich, macht mir Mut.
Erster Schnee; wie gut er tut.
Und die Liebste hat geschlafen,
als sich Mond und Sonne trafen;
hat gesäuselt, süß und leis´
in das schönste Morgenweiss.
Brauch´ nicht schwere Arbeit tun.
Sollte nach der Woche ruh´n.
Doch ich öffne alle Türen,
um mich tiefer zu verlieren.
Ralph Bruse
4. Betrachtung am Wellenkamm
Die maximale
nach oben gerichtete
Wasserspiegelauslenkung
mit schaumiger Kante
und ohne Verrenkung
des Materials
in die Fülle gefügt,
pfeilschnell vom Snapper
und Thunfisch durchpflügt,
den Algenschopf bürstender
Wellenkamm
auf messerscharfer
sich brechender Krümmung
in glitzernder, diamantener Stimmung
aus sprühenden Prismen
in brennenden Streifen
gebietet mir
Einhalt und tiefe Betrachtung,
bewunderndes Staunen,
dann Selbstverachtung
der satten Selbstverständlichkeit,
die alles nur nimmt,
nichts versteht, nichts verzeiht.
Die Welle bricht
in tosendem Fließen:
Ich möchte hinein
und das Chaos genießen!
Wolfgang Uster
6. In meinem Element
Vom Wasser umschlossen,
auf Wogen getragen,
spülen mich Wellen
wie Treibgut hinweg.
Nutzlos und träge,
der Ruhe ergeben,
steigend und sinkend,
fliehe ich fort.
Gelassen und schweigend
spür´ ich die Strömung
in Stille ertrinken
ich tauch´ wieder auf.
Andreas Glanz
6. Das Grab im Meer
Der Steuermann durch wilde Gischt
des aufgepeitschten Meeres Wogen,
mit starker Hand das Ruder hält.
Die Möwen waren hoch geflogen,
und drohend laut die Brandung zischt,
als wär´s der Untergang der Welt.
Dreizehn Mannen auf dem Boot,
und keiner über vierzig Jahr,
ein jeder hadernd mit dem Glück,
in jener Nacht, wo es geschah,
dass sie aus ihrer großen Not,
nicht lebend kamen mehr zurück.
Als im Kampf mit den Gewalten
das kalte Wasser tosend schwer
begrub die Todgeweihten unter sich,
an ein Entrinnen dachte keiner mehr,
das nasse Grab hat sie behalten,
nicht einer, der dem Tod entwich.
Es wird erzählt, sie träfen dort
sich im Getös´ der rauhen See,
einstimmend in den klagend Chor,
vom widerfahr´nen Leid und Weh
an jenem gottverlass´nen Ort,
an dem die Mannschaft eins erfror.
Die Toten hält Neptun im Bann,
nicht einen Mannen gab er frei.
So pilgert eine trauernd Schar
zum Strande, und vom Dorf herbei,
die Kinder, Frauen ohne Mann,
zu stiller Andacht Jahr für Jahr.
Franz Hoerschlaeger
8. Die Wasserfrau
Die Wasserfrau
ist mir verronnen,
in feinste Tröpfchen
eingesponnen,
durchgluckst
mit eines Seehechts Lachen
sie will mir
eine Freude machen
und saugt mich
in des Wirbels Kreisen,
schon atemstill erstickt
die weißen
und klammen Finger,
kaum Gefühl mehr,
die Wasserfrau
sie lächelt kühler,
und schäumig küsst
ihr nasser Rachen,
sie will mir
eine Freude machen
in tangverzierter
Muschelgruft,
aus meiner Lunge
blubbert Luft,
ich sinke
und
im Gallertreich
verschwebt mein Leib
so quallenweich,
kommt nicht mehr hoch,
taucht nicht mehr auf,
es rauscht mich noch
im Blutkreislauf,
durchstrudelt von
dem Wasserbiest,
mir graut vor ihr
mein Hirn zerfließt
im schlierig - satten
Strömungshauch
medusengleich
im Algen-
schlauch...
Es spült mich
aus dem Wellental,
so triefend,
träumend,
bleich und fahl.
Wolfgang Uster
9. Zeitab
Ein Blick auf die Wetterlage,
dann bind ich die Fangleine los
und treibe auf schwankendem Floß
hinunter die schiffbaren Tage.
Es ist ein so seltsames Gleiten
die trauernden Ufer entlang.
Winkende Birken am Hang
der milchig verschwommenen Zeiten.
Irgenwo wartet ein Hafen,
dann läuft das Floß auf den Grund.
Sanfter, nachtdunkler Mund
drängt mich, nun endlich zu schlafen.
Wie ist die Wetterlage?
Was dauert das Schweigen so lang?
Verschwommen am trauernden Hang
stumm sich entfernende Klage.
Helmut Glatz
10. Gesang
endlose Melodie weht weit
über blaue Rhythmen,
die an schroffschwarzer Kante
zu Synkopen brechen,
sich bäumen zu weißen Bergen
Schaumakzente
schlagen auflandig
über einen Leisten,
formen feucht
den Schuh, passgenau
den zig glitzernden Versfüßen
lang
und unbetont
das Ziehen,
Luftholen
bis der nächste Brecher
schnaubt
silbernes Huschen unten
spiegelt sich oben gefiedert,
bricht sich glitzernd
in der Mitte,
sticht ins Auge
so
anfang- und
endlos zieht die
Melodie hin
über das blaue Blinken,
dass man
an Großes
glaubt
die sandige Vielzahl
die salzigen Rhythmen
die wassrigen Schreie
die atmenden Farben -
alles so endlos
... fast wie ein Meer
Frank Wittmer
11. Die Paddeltour auf der Oertze
Flutend schwebt der Hahnenfu
langgestielt im Fließgewässer.
Teilt den Teppich wie ein Messer
unser Boot im Strömungsfluss.
Aus dem Weiderich das Blut
flammt in Uferfarbenringen.
Hebt sich schwer auf trägen Schwingen
dort ein Reiher aus der Glut.
Ölig tropfen heiße Nebel
von Insekten aus den Matten,
die wir schon durchdrungen hatten,
unser Boot, ein scharfer Säbel,
schneidet Pestwurz, jagt Eidechsen
üppig wilder Ufersäume.
Öffnen sich die Blütenträume
gelb in Teichrosengewächsen.
Frisch mäandert kühl der Meister,
Sonneglut pestet die Leiche
eines Mufflons dort im Reiche
filigraner Wassergeister.
Stürzt sich wild von Krummhornziegen
und vom Blatt der großen Mummel
hinter mancher trägen Hummel
Beißwerkzeug von Pferdefliegen
auf die zarte Haut an bloßen
Stellen frei gelegt beim Paddeln,
jucken quallig rote Quaddeln,
beißt es gierig durch die Hosen.
Wildes Schlagen treiben die Kähne
führerlos, wer um sich haut,
in das Uferfingerkraut
im Geschrei gepresster Zähne.
Fliegen, Mücken, Bremsen, Spinnen,
quer das Boot nun zur Kaskade,
Raupen, Egel, eine Made
tropfen von des Baumes Zinnen.
Augen, Nase, Mund und Poren,
wo sich eine Öffnung ringt,
schon ein Krabbeltier eindringt
süße Säfte auserkoren.
Da! - Die Strömung! - Wasserstrudel
heben wild des Kanus Rücken
und es hilft kein Gegendrücken,
stürzt ins Nass das Menschenrudel.
Eine schöne Paddeltour
auf der Oertze stillem Wasser,
Blütenelfen, zart und blasser
aus dem Fließkuss der Natur.
Wolfgang Uster
11. Spiegelbild
Einem Spiegel gleich
zeigt mir
das stille Wasser des Brunnens
mein Gesicht.
Ein kleiner Stein
hineingeworfen
von meiner Hand,
zerstört das Bild.
Und ich sah
im dunklen Wasser des Brunnens
das Spiegelbild
meiner zerrissenen Seele.
Iris Köhler-Terz
13. Unten
Als ich bei ihnen saß,
das braune Wasser aus der Schale trank
sie weiter reichte
sirrender Sandwind und nachts
die Gesänge der Stille.
Als ich bei ihnen saß,
vergaß ich den Durst.
Quellen
Über den Nebeln -
Schmelzendes Eis
Rinnsal aus Frische
hier unten
sauf ich aus dreckigen Tümpeln
die Eier der Würmer mit.
Und in den Städten zieht der Wasserjunge
seinen Wagen
von Hof zu Hof.
Wer zahlen kann, dem füllt
er die Tonne.
Ich saß mit ihnen
zwei Abende lang.
Bevor ich ging
da hatten
sie mich schon vergessen.
Herrmann Steffen
13. Komm zurück
Wo die Wellen träge schlagen
an den Strand der Abendstunde,
wo man einfach ruhen kann,
oder sitzt in froher Runde,
wo die Möwen kreischend stoßen
auf das Wasser silberhell,
dort bin ich und warte dein,
denn dort ist dein Lebensquell.
Wo die Wiesen saftig grün sind,
Gras so weich und traumgeprägt,
Bäume rauschen Liebeslieder,
wenn man sich darunter legt,
wo der Himmel endlos weit ist
und das Land sich eben dehnt,
dorthin komm und finde die,
die dich gar so heiß ersehnt.
Wo die Weiden leise schaukeln,
wenn der Wind sie küsst so zart,
wo die Fischer Netze ziehen
und der Aal im Ofen gart,
wo die Sonne rot ins Wasser
sich hinab senkt, dorthin geh.
Dort, nur dort wirst du mich finden:
Ein Stück Heimat. Plau am See.
Iris Köhler-Terz
15. Die Farben des Meeres
Meine Versuche -
liebes Meer -
deine Farbe zu ergründen:
vergeblich!
Wasser - soweit
mein Auge reicht!
Doch die Farbe?
Heute Morgen noch schien mir
du würdest dich eindeutig blau
am Horizont mit dem
Himmel vereinen.
Habe ich einen
smaragdenen Streifen,
der euch trennte,
dabei übersehen?
Wenig später fand ich dich
eher türkisfarben.
Jetzt - gegen Abend
bist du grau
wie das Haar,
das mir inzwischen
gewachsen ist.
Welche Farbe
hast du wirklich?
Deine Antwort
- liebes Meer
ist berauschend,
doch meine Frage
bleibt weiterhin offen ...
Thessy Glonner
15. Traumflug/Gefühle
Wenn meine Gedanken
fort fliegen,
kommen sie
nicht so bald zurück.
Dann sitze ich
wie damals am Ufer,
versuche blauäugig
das Meer
zu ergründen,
wünsche
die Zeit bliebe steh´n.
Sommerwind im Haar,
nackte Füße
im warmen Sand,
träumend von
deiner Zärtlichkeit
und vom wunderbaren
Gefühl der Geborgenheit
in deinen Armen.
Thessy Glonner
Die doppelte Platzierung einiger Gedichte ergab sich durch die gleiche Punktzahl in der Bewertung.
Dr. Stefan Fischer / Kultur und Bildung
Joachim Schön / Volkshochschule
Eva-Maria Waldmann / Stadtbücherei
Sandra Lüttschwager / Bauer Verlag